Vor Kurzem erschien der Jahresbericht des US-Verteidigungsministeriums zu den Streitkräften Chinas. Laut der Analyse, bereiten vor allem drei Entwicklungen den Amerikanern Sorgen:
Verstärkte Machtprojektion – Das Pentagon konstatiert bei China ein zunehmendes militärisch Ausgreifen über seine Peripherie hinaus – Das Reich der Mitte zeige ein zunehmendes Interesse an Machtprojektion (Anm. d. Autors: das aktuelle Marine-Manöver mit Russland im Mittelmeer dürfte hier ein Paradebeispiel sein), Überwachung von Seerouten, Anti-Piraterie-Missionen, Peacekeeping sowie Humanitäre Hilfe. Fakt ist: Das Reich der Mitte baut seine, „Perlenkette“ genannte, Reihe an Tiefseehäfen über den asiatischen Raum hinaus aus. Zur Zeit bemüht sich Peking beispielsweise um einen Flottenstützpunkt im afrikanischen Djibouti.
Ambitionierte Raketenrüstung – Die Amerikaner sehen auf Seiten der Chinesen eine ambitionierte Raketenrüstung auf allen Ebenen (Kurz-, Mittel- und Langstrecke sowie spezielle Anti-Schiff-Flugkörper) und betrachten gerade diese als besondere Gefahr. Der Grund: Je mehr und je besser die Volksbefreiungsarmee die regionalen Konfliktherde wie Taiwan und das Südchinesische Meer mit ihrem Raketenarsenal erreichen kann, desto eher kann sie die Konkurrenten in der Region daran hindern, in die Konflikte einzugreifen. Gegen moderne ballistische Flugkörper sind Abwehrmaßnahmen schwer möglich; die „schimmernde Wehr“ der USA im Pazifik – die Träger-Armada der Pazifikflotte, verliert dadurch zunehmend an Abschreckungswert.
Streitkräftereform als innenpolitisch gefährliches Manöver der Kommunistischen Partei – Die KP treibt ihr 2013 begonnenes Programm zur Modernisierung der Armee weiter voran. So zielt die Reform darauf ab, den riesigen Apparat der Volksbefreiungsarmee um Bereiche auszudünnen, die keinen direkten militärischen Nutzen aufweisen. Als Beispiele nennt der Report die Einheiten für politische Unterhaltung (siehe Artikel-Bild) und die Stabs-Mitarbeiter in den Hauptquartieren. Ein eigens dafür gegründetes Triumvirat, aus Staatschef Xi Jinping und den beiden Vizevorsitzenden der Zentralen Militärkommission Fan Changlong und Xu Qiliang, soll dafür sorgen, dass die politische Führung bei dieser machtpolitisch gefährlichen Aufgabe das Heft in der Hand behält. Dass die Armee bei den Reformen ab Ende der 1980er Jahren loyal blieb, erkauften sich die Reformer unter Deng Xiaoping damals dadurch, indem sie den Generälen Zugriff auf die Fleischtöpfe des Wirtschaftswunders gewährten, beispielsweise über die Zuweisung von Firmenanteilen an das Militär. Politisch heikel könnte auch das Vorhaben werden, die Führung des Heeres in einem eigenen Hauptquartier zu organisieren. Das würde die Landstreitkräfte auf Augenhöhe zu Marine und Luftwaffe, die bereits so organisiert sind, „zurückstufen“; bis dato dominiert das Heer traditionell die Volksbefreiungsarmee.
Den kompletten Report des Department of Defense zum Entwicklungsstand von Chinas Streitkräften gibt es hier: www.defense.gov