Die Rache der Scheichs – Riad investiert groß bei Washingtons Feind Nr. 1

Interessanter Schachzug der Saudis: Diese planen 10 Milliarden US-Dollar an Direktinvestitionen in die russische Wirtschaft zu pumpen; während ihre Schutzmacht USA wegen des Ukraine-Konflikt Moskau mit Sanktionen belegt und in ihrer neuen Sicherheitsstrategie wieder zum Feind Nr. 1 erklärt. Ein Affront gegen Washington und ein ungewöhnliches Entgegenkommen gegenüber einem ökonomischen Konkurrenten beim Export von Energieträgern. Erklären lässt sich die Annäherung Moskau-Riad mit der massiven Verärgerung der Saudis darüber, dass die USA einen Ausgleich mit ihrem Hauptkonkurrenten in der Region, dem Iran, suchen. 

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Die Russen sind ok – Der jetzige Saudi-König und damalige Gouverneur von Riad, Salman bin Abdulaziz, mit Vladimir Putin 2007 – Foto: Wikimedia / CC-Lizenz

Ausgleich des Westens mit dem Iran ängstigt die Golfherrscher

Der jetzt zustande gekommene Atomdeal zwischen dem Westen und dem Iran bedeutet de facto, dass der bisher als Paria ausgegrenzte Iran, von den Westmächten als Regionalmacht im Nahen- und Mittleren Osten anerkannt wird. Als sich im Mai ein Erfolg der Verhandlungen abzeichnete, drängten die Golf-Monarchien auf einen formellen militärischen Beistandspakt mit den USA. Diesen aber verweigerte die Obama-Administration. Statt dessen wurden die Ängste der Golfherrscher vorerst beruhigt, indem Washington Milliardenschwere Rüstungsdeals offerierte. Dazu lud US-Präsident Obama sogar zu einem, man kann es ruhig „Beruhigungstreffen“ nennen, nach Washington. Für die Vormacht der Golfmonarchien, Saudi-Arabien, war das wohl nicht genug. Der Abgesandte Riads meldete sich damals kurz vor Beginn des Treffens krank. Im Kontext des jetzt besiegelten Atomdeals wird sich zeigen, ob das Russland-Investment der Saudis, der Auftakt einer Absatzbewegung Riads von den USA ist oder nur ein „Schuss vor den Bug“ Manöver sein sollte.

Relativierung der Allianz zwischen den USA und Saudi Arabien

Bisher dominierte ein Ordnungskonzept den Nahen und Mittleren Osten, das weitgehend vom Westen unter Führung der USA gestaltetet wurde und indem Saudi-Arabien eine komfortable Primus inter Pares Position zukam. Seit dem II. Weltkrieg essenzieller Energielieferant, hatte Riad später die Rollen als Basis für das Containment gegen den Iran, ab Ende der 1970er Jahre, und den Irak, seit Anfang der 1990er Jahre („Dual Containment“), inne. Doch seit der Irak-Invasion 2003 zeigt sich, dass der Westen überfordert ist, die Ordnung in der MENA-Region weiterhin imperial zu gestalten. Marksteine dieser Entwicklung: Der „Arabische Frühling“, der Syrien-Bürgerkrieg, der staatliche Zerfall des Iraks und der Aufstieg des IS. Für Saudi-Arabien bedeutet diese Entwicklung: Sein Wert als Allianzpartner für USA & Co. relativiert sich. Der Westen kann sich sein „Hard-Balancing“ mit Hilfe und Bevorzugung Riads nicht mehr leisten. Um die Implosion der Region zu verhindern, muss ein konstruktiveres „multipolares“ Ordnungsmodell entstehen. Ein dafür notwendiger Schritt, ist die Aufwertung und Einbeziehung des Iran in das „Konzert der Mächte“.