Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: „Eine regelmäßige Evaluierung von laufenden Auslandseinsätzen werden wir sicherstellen.“ Eine ähnliche Formulierung bot auch die Vereinbarung der vorherigen Großen Koalition. Ein selbstverständlicher Anspruch. Im Fall der Ertüchtigung der malischen Armee (FAMA) über das EUTM Mandat zeigt die begleitende Analyse seit Jahren: Effektiv wird es nur mit Nähe zur Partnerarmee, die aufgebaut werden soll. Gerade deshalb will die Bundeswehr im Herzen der malischen Konfliktregion – in Sévaré/Zentralmali – ein weiteres großes Trainingscamp errichten. Zumindest galt das noch bis vor Kurzem.
Denn die zentrale „Lesson learned“, dass nur ein dichtes Vor-Ort-Engagement zur Ertüchtigung greift, stellt die neue Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) infrage. In ihrem ersten größeren Interview mit der BILD-Zeitung äußerte Lambrecht: „In Mali hat die Bundeswehr den Auftrag, die dortige Armee auszubilden. Wir müssen jetzt auch prüfen, ob das Training der malischen Soldaten an einem anderen Ort, der für unsere Soldaten sicherer ist, genauso gut oder sogar besser möglich ist. Die Sicherheit unserer Soldaten steht für mich an erster Stelle.“ Die Angreifbarkeit deutscher Soldaten minimieren indem ich die Ausbildung aus dem Geschehen ziehe, aber in gleicher/besserer Qualität fortführe, ist eine Wunschformel, die nicht aufgehen kann. Das zeigen allein die offiziellen Begründungen der Bundeswehr für den anvisierten Bau der Sévaré-Trainingsbasis auf ihrer Webseite: „Die dezentrale Ausbildung ist bisher die einzige Möglichkeit, die FAMA einsatznah auszubilden. Allerdings ist dies mit hohem logistischem Aufwand für die EUTM verbunden, da die Ausbildungsorte oft Hunderte Kilometer von Koulikoro (Anmerkung: Das bis dato einzige Trainingszentrum) entfernt liegen. Tagelange Landmärsche im Konvoi oder ein kostenintensiver Lufttransport sind die Folgen. Darüber hinaus kann die Ausbildung lediglich in Form von Kursen angeboten werden, die ihrerseits erst von der malischen Militärführung angefordert werden müssen und zeitlich begrenzt sind. Das neue Ausbildungszentrum in Sévaré soll diese Lücke künftig schließen und die FAMA einsatznah und über einen längeren Zeitraum trainieren.“
Es kann sein, dass ein schlechtes Briefing oder Unbedarftheit der Kontext zur seltsamen Aussage der neuen IBuK war. Allerdings fängt das Wehrressort auf Nachfrage die Einlassung Lambrechts nicht auf. Ein Sprecher des Ministeriums: „Frau Bundesministerin Lambrecht hat die Evaluierung aller Einsätze angekündigt. Dabei darf es keine Denkblockaden geben. Für die Ausbildungsanteile kann es beispielsweise auch zweckmäßig sein, sie an anderen Orten umzusetzen. Natürlich ist eine gründliche Abstimmung mit den beteiligten Ressorts und den internationalen Partnern immer angezeigt.“ Somit wird es spannend zu sehen, ob hier politisch eine neue Linie der Mali-Ertüchtigung angestoßen wurde, die auf ein indirekteres Engagement, gar eine Beendigung, zielt. Der Bau der Trainingsbasis in Sévaré liegt bei der EU wegen der unklaren Agenda des Putschistenregimes in Mali auf Eis. Ob es hier wirklich Anfang 2022 zu ernstzunehmenden Wahlen kommt, bleibt abzuwarten.