Gepard für Ukraine: Warum die Schweiz keine Munition freigibt

Der Flugabwehrpanzer "Gepard" der Bundeswehr bei einer Präsentation in Eschweiler 1986 - Foto: Wikimedia

Flugabwehrpanzer „Gepard“ der Bundeswehr bei einer Präsentation in Eschweiler 1986 – Foto: Wikimedia

Die Bundesregierung hat angekündigt, die Ukraine mit Flugabwehrpanzern vom Typ „Gepard“ auszustatten. Ein wesentlicher Produzent der entsprechenden 35 Millimeter Munition ist der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall mit seiner Tochter RWM Schweiz AG mit Standorten in Zürich, Altdorf und Studen. Die Schweiz verweigert Deutschland jedoch die Weitergabe von Gepard-Munition an die Ukraine. In der Folge die Begründung eines Sprechers des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO auf Anfrage des Autors:

„Beim SECO sind zwei Anfragen einer deutschen Behörde zur Weitergabe an die Ukraine von zuvor aus der Schweiz erhaltener Munition eingegangen. Eine Anfrage betrifft 35mm Munition für den Flugabwehrpanzer GEPARD. Die andere Anfrage war unspezifisch, müsste aber 12,7mm Munition betreffen. Beide Anfragen Deutschlands, ob die aus der Schweiz erhaltene Munition an die Ukraine weitergegeben werden darf, wurden mit Verweis auf die Schweizer Neutralität und die zwingenden Ablehnungskriterien der Schweizer Kriegsmaterialgesetzgebung abschlägig beantwortet.

Für Kriegsmaterialexporte an staatliche Endempfänger verlangt die Schweiz grundsätzlich eine sogenannte Nichtwiederausfuhr-Erklärung des Empfängerlandes. D.h. das Empfängerland verpflichtet sich, das aus der Schweiz erhaltene Kriegsmaterial nicht ohne das vorherige Einverständnis der Schweiz weiterzugeben.

Mit dem Kriegsmaterialgesetz werden insbesondere die neutralitätsrechtlichen Pflichten der Schweiz sowie die damit zusammenhängenden neutralitätspolitischen Erwägungen in Bezug auf Kriegsmaterialexporte umgesetzt. Letztes Jahr hat sich der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Beratung der Korrektur-Initiative mit den Bewilligungskriterien für Kriegsmaterialexporte befasst – so auch mit dem Kriterium, wonach Kriegsmaterialexporte abzulehnen sind, wenn das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist. Debattiert wurden eine allgemeine Kompetenz für den Bundesrat zur Abweichung von den Bewilligungskriterien im Falle ausserordentlicher Umstände zur Wahrung der aussen- oder sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz und eine Ausnahmemöglichkeit für demokratische Staaten, die in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sind. Beides hat das Parlament abgelehnt.

In Artikel 22a Absatz 2 Buchstabe a Kriegsmaterialgesetz hat der Gesetzgeber somit explizit denjenigen Sachverhalt geregelt, der jetzt auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zutrifft und wonach Kriegsmaterialexporte in die beiden Länder zwingend abzulehnen sind.

Das in Artikel 184 Absatz 3 BV verankerte «Notrecht» kommt grundsätzlich dann zum Tragen, wenn eine klare gesetzliche Regelung fehlt oder wenn die Anwendung von Artikel 184 Absatz 3 explizit vorbehalten bleibt, wie dies z.B. im Embargogesetz der Fall ist (Art. 1 Abs. 2 EmbG). Beides trifft auf das Kriegsmaterialgesetz nicht zu. Im Gegenteil war es explizit die Absicht des Parlaments, mit der Revision des Kriegsmaterialgesetzes die Kompetenz zur Anpassung der Bewilligungskriterien für Kriegsmaterialexporte vom Bundesrat vollumfassend an das Parlament zu übertragen.“

Auch für Deutschland selbst gäbe es keine Folgeversorgung mit Munition, sollte sich die Bundeswehr mit einem betroffenen Waffensystem im Einsatz befinden. Der Sprecher der SECO auf Nachfrage:

„Die Ausfuhr von Kriegsmaterial wird nicht bewilligt, wenn das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist (Art. 5 Abs. 2 Bst. a Kriegsmaterialverordnung). Dies gilt grundsätzlich auch für Munition.“