Der französische Rechnungshof hat eine Analyse der Streitkräfteplanung des Landes veröffentlicht. Der Befund: Die Rechnungsprüfer sehen das angestrebte Fähigkeitsprofil „Ambition 2030 – modèle d’armée complet“ massiv unter Druck. Jenes sieht vor, dass Frankreich seine Armee in allen Bereichen ausbaut, für die Kriegsführung am Meeresboden bis zum Weltall sowie für den Großkampf gegen Militärmächte ersten Ranges. Die Rüstung dazu läuft über ein sogenanntes Programmgesetz samt Finanzplanung.
Doch die Wirtschaftsentwicklung ist labil angesichts ökonomischer Verwerfungen durch die Corona-Pandemie (der Ukrainekrieg findet noch keine Erwähnung in der Analyse). Dabei sieht die mittelfristige Haushaltsplanung vor, die Neuverschuldung bis 2027 auf drei Prozent des BIP zu begrenzen, um die Staatsfinanzen stabil zu halten. Allerdings soll der Wehretat bis 2025 auf zwei Prozent des BIP ausgebaut werden. Dabei ist diese Phase im Schwerpunkt für das Modernisieren und Befüllen bestehender Strukturen vorgesehen, beispielsweise mit Munition. Bis Ende der Dekade soll die Armee auch neue Kriegsmittel wie Cyber und vernetzte Operationsführung umfassend etabliert haben. Die aktuelle Planung zu Etatausbau im Zusammenspiel mit dem Programmgesetz hier: „Budget de la défense : les étapes pour le porter à 2% du PIB“.
Zu diesen grundsätzlichen Zielkonflikten kommt hinzu, dass die militärischen Herausforderungen und Ambitionen während des laufenden Programmzeitraums stetig zunehmen. Als Beispiele werden die Weltraumstrategie 2019 genannt, die erneuerte Cyber-Strategie, Hyperschallwaffen oder die jüngst verabschiedete Militärstrategie für den Tiefseeboden.
Die Rechnungsprüfer beschreiben drei Optionen für die Wehrplanung. Erstens: Entscheidet sich die Politik dafür, angesichts der dynamischen globalen Gefahrenentwicklung die Ambition 2030 einer kompletten und gestärkten Armee umzusetzen, droht ein Finanzierungsproblem. Zweitens: Der Schwerpunkt wird auf die Finanzierung gelegt, angesichts des schwierigen ökonomischen Umfelds. Die Ambition 360 Grad Armee wird beibehalten, aber in geschrumpftem Umfang. Dieses Vorgehen wäre jedoch militärisch unbefriedigend, da unter anderem keine Durchhaltefähigkeit generiert wird. Eine effiziente Verwendung öffentlicher Mittel wäre hier nicht gegeben. Als dritte Option führen die Rechnungsprüfer eine Schwerpunktsetzung bei den Fähigkeiten an, und verweisen hier explizit den Entwicklungsansatz der Briten für ihre Streitkräfte mit der Strategic Review 2021. Hier steht nicht mehr der Erhalt eines ausgewogenen Streitkräfteprofils im Vordergrund sondern Technologieführerschaft. So wird beispielsweise die britische Heeresstärke abgesenkt.
Um eine Entscheidung zu treffen, empfiehlt der Rechnungshof dem Wehrressort dreierlei. Erstens: Sich eine klare Übersicht zu verschaffen, inwieweit die Finanzbedarfe nach Programmgesetzplanung mit der vorgesehenen Defizitstabilisierung kollabieren. Zweitens: Spielräume bei der Rüstung konsequenter ausschöpfen. Das heißt für die Rechnungsprüfer vor allem, noch stärker auf europäische Kooperation zu setzen, um die eigene Mittelaufwendung zu entlasten. Zudem solle der Umfang der Armee-Aufgaben geprüft werden, die seit Jahren auch stark zur inneren Sicherheit eingebunden sind – siehe die Operation Sentinelle zur Terrorabwehr seit 2015. Drittens: Der Prozess der Aktualisierung des Programmgesetzes solle reaktionsschneller und transparenter erfolgen.